Wie aus 119km zu Fuß und einer Tupperschüssel eine Liste mit Ideen entsteht

Als ich im letzten Jahr die Eindrücke meiner ersten Mehrtageswanderung  in  Worte fassen oder erklären wollte, mußte ich noch den tollen Artikel von Christian von feel4nature zu Hilfe nehmen. Jetzt versuche ich es mal selbst. Aber warum eigentlich? Weil ich Dich an meinem ganz persönlichen “Abenteuer” teil haben lassen will? Nicht nur 😉 Ich möchte Dir von den Dingen der Wanderung berichten, die als Ideen in meinen Alltag überschwappen, die Deine Perspektive erweitern, den Blickwinkel ändern können und vielleicht Dein Leben noch ein bisschen unbeschwerter werden lassen.

Aber der Reihe nach. Am Pfingstsamstag bin ich mit meiner Familie zu einer Mehrtageswanderung im Schwarzwald aufgebrochen. Wir hatten uns vorgenommen in 6 Tagen 119km zu Fuß zurück zulegen, denn so lang ist der Schluchtensteig. IMG_1381

Es waren 2 Versorgungspakete in den Camps angekommen und unsere Rucksäcke waren gepackt. Ich hatte zwar Bauchschmerzen wegen der Wettervorhersage, denn unsere drei Männer wollten unter freiem Himmel schlafen, dennoch freute mich trotzdem riesig auf den hike. Außerdem war ich schon vor Beginn unserer Wanderung ziemlich stolz auf mich. Normalerweise wiegt meine alltägliche Handtasche mehr, als der Rucksack, den ich in den kommenden 6 Tagen auf dem Rücken tragen sollte. Er war nicht nur mit meinen persönlichen Sachen, wie meinem Schlafsack, Isomatte und Klamotten bestückt, sondern auch noch mit einem Teil der Dinge, die wir alle brauchen würden. Die Entscheidung zu treffen, auf was ich verzichten kann, fiel Dank der Erfahrungen aus dem Vorjahr und der Vorstellung, das 1kg nicht immer 1kg schwer ist, viel leichter. 1kg ist immer 1kg! Ok. Du bist Physiker und hattest noch nie 12kg auf dem Rücken, die Du 20km lang bergauf geschleppt hast. Ich behaupte aus einem Kilo werden mit der Zeit locker 2.

Also wurde um jedes Gramm gefeilscht. Ich reduzierte mich auf mein leichtestes Notizbuch mit einem einzigem Bleistift, ich entschied mich für nur eine komplette Garnitur für Nachts und eine für den Tag, alles schön im Zwiebellook, ich schnitt Etiketten ab und wog meine Unterhosen. Ich teilte mir mit meiner Tochter ein ultraleichtes Handtuch und das Beautycase (eine 1l Ziptüte), was unserer Verbundenheit während der Wanderung sehr gut tat. So fühlte sich mein Rucksack, nicht nur dank einiger neuer und leichterer Ausrüstungsgegenstände, viel leichter an als im letzten Jahr. Auch weil ich, einiges loslassen und zu Hause lassen konnte. Die Hausapotheke wurde zum Beispiel reduziert, ich vertraute auf mein Gedächtnis und das eine Schmerztablette auch ohne Beipackzettel und Originalverpackung genommen werden kann. Ich ging davon aus, dass wir unsere Wanderung eher abbrechen, bevor wir 1l Prospan brauchen werden und vertraute in einigen Punkten auf die Erfahrung einiger Hiker, die schon ein paar Kilometer mehr in den Sohlen hatten als ich. Ich war überrascht, auf was ich alles verzichten konnte. Alle meine Mahlzeiten aus einer einzigen Tupperschüssel? Das ging gut 🙂

Ihr fragt Euch, ob ich jetzt mein Geschirr entsorge und alle meine Mahlzeiten aus einer einzigen Tupperschüssel esse? Nein, das tue ich nicht. Was ich aber festgestellt habe, dass ich beim ersten Einkauf besonnener meinen Wagen gefüllt habe. Einiges ist wieder ins Regal zurück gewandert und die Frage: “Brauche ich das wirklich? Wäre ich bereit mir dieses Teil auf den Rücken zu schnallen?” meistens mit -nein- beantwortet habe.

Ich gehe mit anderen Augen durch mein Büro oder unser Haus und ich erschrecke mich ab und zu. “Wozu im Himmel brauchen wir alles in diesen Mengen?” Immer noch eine Garnitur zur Sicherheit, als Alternative, als Status? Also habe ich mir mal wieder vorgenommen meine Vorräte aufzubrauchen, erst neue Bettwäsche zu kaufen, wenn ein anderes Paar verschlissen ist. Erst einmal alle Bücher im Regal zu lesen, alle Röcke getragen zu haben, Stifte leer geschrieben, Papier aufgebraucht,…..

Ich bin erneut fasziniert von meinem Perspektivwechsel, der nach der Wanderung einfach irgendwie da war. Wirklich – einfach so. Vieles genieße ich einfach und anderes, das gebe ich zu, verunsichert mich.

Im Alltag kümmert man sich automatisch um seinen Besitz, ich putze, wasche, räume auf und ich kaufe ein. Doch auf einmal stolpere ich über die Zeit, die ich dafür aufwende, ja die ich aufwenden muss. 20 Paar Socken von 5 Personen gehören verwaltet, von dem Rest will ich gar nicht reden: für jede Apfelsaftschorle ein frisches Glas, passende Tischwäsche für jeden Anlass, die zehnte Handtasche, das x -te Paar Schuhe …. Nein, ich möchte nicht auf jeglichen Komfort unseres Wohlstands verzichten. Dennoch schlagen meine Gedanken Purzelbäume und ich bin zerrissen von dem Genuss der Einfachheit, dem Gewinn an Zeit und dem gewohnten Komfort und Wohlstand. Ich muss an „Das Happiness Projekt“ von Gretchen Rubin denken in dem sie schreibt:

[Tweet „Ändere dein Leben, ohne dein Leben zu ändern. von Gretchen Rubin“]

Ich habe festgestellt, dass ich die freie Zeit genossen habe, die durch wenig Geschirr, Klamotten und co entstanden ist. Ich habe sie sogar sehr genossen. Zeit, die ich vielleicht mit meiner Familie, für meinen Job oder mich ganz allein nutzen könnte. Deshalb habe ich mir eine Liste (lacht nicht 😉 ) mit Gedankenimpulsen und Fragen zum materiellen Besitz erstellt. Mit den Fragen, wird es möglich den Alltag zu vereinfachen, zu erleichtern, zu entschlacken und so automatisch Zeit zu gewinnen. Wenn die Routine wieder kehrt und die Euphorie, die durch die Eindrücke auf dem hike entstanden ist, verschwunden ist, dann sollen diese Impulse mich erinnern und zurück holen, damit die wertvolle Zeit nicht wieder aufgefressen wird. So ist der Plan 😉

Fragen und Gedankenimpulse

Für den Einkauf und für Anschaffungen:

Tipp: Halte dich an deine Einkaufslisten!

  • Wie viel habe ich davon bereits?
  • Brauche ich das wirklich?
  • Wäre ich bereit mir dieses Teil auf den Rücken zu schnallen?
  • Habe ich bereits etwas ähnliches?
  • Handelt es sich um einen Austausch wegen Verschleiß, Defekt oder so? Dann  darfst du mit 🙂
  • Welche Motivation verfolge ich mit dieser Anschaffung?
  • Ist der Kauf gerade wichtig, günstig, trendy, notwendig?
  • Will ich mich belohnen?
  • Wen will ich beschenken und warum?
  • Ist der Preis angemessen?
  • Was passiert, wenn ich das nicht kaufe?

Tipp: eins rein, eins raus 🙂

und sonst:
  • Genieße und benutze die Dinge, die du bereits hast
  • Entsorge kaputte, alte und unbenutzte Dinge
  • Brauche deine Vorräte auf und reduziere sie auf ein Minimum. “Es wird irgendwann wieder Kapern im a… geben, ansonsten hat sie Herr R…. oder so und die 5cent mehr werden uns dann nicht ruinieren.”
  • Alle Nichtlieblingsklamotten gemeinsam in einem Bereich des Schrankes aufbewahren und fotografieren. Nach 12 Monaten diesen Teil im Schrank wieder fotografieren. Beide Fotos sind identisch? dann Plan B: verschenken, verkaufen, entsorgen. Oder doch aufheben?
  • Hänge ich emotional an diesem Stück?
  • Verbinde ich Erinnerungen, warum möchte ich es behalten?
  • Wem kann ich mit diesem Teil eine Freude machen?
  • Welche Dinge kann ich zweckentfremdet nutzen?
  • Was passiert, wenn ich mich von diesem Gegenstand trenne?

Und dann ist da noch etwas. Herauszufinden, was einem wirklich wichtig ist, woran man hängt, erkennt man auch beim Verlassen der Komfortzone. Ich meine hier eher den materiellen Besitz. Ich bin sicher, ich würde mein Papier, meine Bücher und meine Stifte vermissen, mir würde der Schnickschnack fehlen und irgendwann auch der harmonisch gedeckte Tisch. Ich möchte nicht immer aus einer Tupperschüssel essen müssen, aber es tut gut zu wissen, dass ich es könnte und das ich wieder mehr Wertschätzung gegenüber meinem vorhandenen Wohlstand empfinde. Dankbarkeit für das was ich bereits habe, empfinde und den Blick zum Teilen und abgeben geöffnet habe. Dieser hike hat mich aus meiner Selbstverständlichkeit gerissen, meinen Blick auf den Komfort gelenkt, der eigentlich nicht selbstverständlich ist und meine Wertschätzung verdient hat. All das wurde nur möglich, weil ich auf den 119km des Schluchtensteigs meine Komfortzone verlassen habe. Und wer weiß, vielleicht brauche ich irgendwann wirklich nur noch eine Tupperschüssel – eine orangene 😉

[Tweet „Auf jeden Fall hat sich mein Leben geändert, ohne das sich mein Leben geändert hat.“]

Hattest Du auch schon mal ein Erlebnis, das Deinen Blickwinkel langfristig verändert hat? Welcher Impuls gehört Deiner Meinung nach unbedingt noch mit auf meine Liste?

think orange und bis bald

Kristiane

12 Kommentare

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